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Lungenstiftung Bremen
Millionen Menschen betroffen

WHO-Bericht: Chronische Atemwegserkrankungen massiv unterschätzt – auch in Deutschland

Ein neuer Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der European Respiratory Society (ERS) macht das Ausmaß chronischer Atemwegserkrankungen erstmals sichtbar – und zeichnet ein alarmierendes Bild: Mehr als 80 Millionen Menschen in der europäischen WHO-Region leben mit Krankheiten wie Asthma oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Jährlich kommen 6,8 Millionen neue Fälle hinzu. Doch die Realität in der Versorgung ist besorgniserregend: Fehldiagnosen, fehlende Schulungen für Fachpersonal, eingeschränkter Zugang zu Diagnostik – und eine klare Unterfinanzierung der Forschung.

Unterdiagnostik, Fehldiagnosen und fehlende Ressourcen
Der Bericht verdeutlicht, dass grundlegende Instrumente wie die Spirometrie vielerorts nicht ausreichend zur Verfügung stehen. In der primären Gesundheitsversorgung werden Erkrankungen häufig zu spät oder falsch diagnostiziert. Viele Fachkräfte sind für die frühe Erkennung chronischer Lungenerkrankungen nicht ausreichend geschult. Trotz früherer Fortschritte ist das Thema von der gesundheitspolitischen Agenda nahezu verschwunden.

Enorme wirtschaftliche Folgen – Deutschland besonders betroffen
Die wirtschaftlichen Konsequenzen sind erheblich: Die WHO schätzt die Kosten durch Produktivitätsverluste und Behandlungslücken auf rund 21 Milliarden US-Dollar jährlich – allein in der europäischen Region. Deutschland liegt mit 4,8 Milliarden US-Dollar pro Jahr an der Spitze. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie (DGP) sieht darin einen deutlichen Beleg für die unterschätzte Relevanz dieser Erkrankungen im Gesundheitswesen und in der Gesellschaft.

COPD und Asthma – vermeidbar, aber tödlich
COPD und Asthma machen den Großteil der chronischen Atemwegserkrankungen aus. Gemeinsam gehören sie zu den sechs häufigsten Todesursachen in der WHO-Region – obwohl sie oft vermeidbar oder behandelbar sind. Prognosen zeigen, dass die Zahl der COPD-Fälle bis 2050 weltweit um 23 Prozent steigen wird. Besonders betroffen sind Frauen sowie Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Auch Asthma bleibt trotz vorhandener Therapien eine der Hauptursachen für Krankenhausaufenthalte und Todesfälle, insbesondere bei jungen Menschen.

„Wir erleben jeden Tag in der Klinik, wie entscheidend eine frühzeitige Diagnose und individuelle Therapie für Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen ist. Dass Millionen Patientinnen und Patienten in Europa zu spät oder gar nicht diagnostiziert werden, ist nicht nur medizinisch untragbar, sondern auch gesundheitspolitisch alarmierend. Dieser Bericht der WHO zeigt, wie viel Nachholbedarf besteht – und wie dringend wir gezielte Investitionen in Prävention, Schulung und Versorgung brauchen.“
– Dr. Steven Demedts, Vorstandsvorsitzender der Lungenstiftung Bremen und Chefarzt für Lungenmedizin am Klinikum Bremen-Ost

Unser Appell: Lunge ins Zentrum der Gesundheitspolitik

Die Lungenstiftung Bremen sieht sich durch diesen Bericht in ihrer Arbeit bestärkt. Wir fordern:

  • mehr Aufmerksamkeit für die Lunge in Politik und Gesellschaft,
  • gezielte Investitionen in Früherkennung und Forschung,
  • sowie flächendeckende Versorgungsstrukturen für Betroffene.

Chronische Atemwegserkrankungen sind kein Randthema – sie betreffen Millionen Menschen, auch hier in Bremen. Es ist Zeit, dass wir gesunde Atemwege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstehen und handeln.

Quelle: WHO/ERS-Bericht 2024
Weitere Informationen > WHO