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Lungenstiftung Bremen
Die Last der Lunge bleibt weiterhin hoch

Was Stickoxide, Feinstaub und Tabakrauch mit der Lunge machen

Nach EUGH-Urteil zu Stickoxid-Belastung: Risiken für Lungenerkrankungen werden laut dem Bremer Lungenarzt Prof. Dr. Dieter Ukena von den meisten immer noch unterschätzt

Kein Organ stand in den letzten eineinhalb Jahre so im Fokus wie die Lunge. Nun machen die sin-kenden Infektionszahlen Hoffnung, dass die Gefahr durch das Coronavirus langsam abnimmt. Dennoch dürfe die Lungengesundheit auch jetzt nicht aus dem Blick geraten, warnt der Bremer Lungenarzt Prof. Dr. Dieter Ukena – denn die Belastungen, denen die Lunge tagtäglich ausgesetzt ist, sind vielfältig. „Die meisten Menschen unterschätzen ganz unabhängig von Corona immer noch die Alltagsbelastung, der wir unsere Lunge jeden Tag aussetzen. Die Last der Lunge bleibt weiterhin hoch“, sagt der Chefarzt der Lungenklinik im Klinikum Bremen-Ost und Vorstand der Lungenstif-tung Bremen. Man könne die Belastung zwar messen, aber das Gemeine sei, dass die verschmutze Luft meist unsichtbar ist.

Was Stickoxide mit der Lunge machen

Am Donnerstag hatte der Europäische Gerichtshof Deutschland verurteilt, weil in vielen Städten über Jahre die Stickoxid-Grenzwerte deutlich überschritten wurden. Aber wie wirkt sich der Luft-schadstoff konkret auf die Gesundheit aus? „Ausgestoßenes Kohlenmonoxide und Stickoxide können Entzündungen der Atemwege hervorrufen“, sagt Ukena. In der Folge steige das Risiko auch für Herzinfarkte. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor seien da nur ein Problem. „Private Kaminöfen pusten laut Bundesumweltamt mittlerweile mehr Stickoxide in die Atmosphäre als alle Autos, Motorräder und Lastwagen zusammen“, sagt Ukena.

Feinstaub auch in Innenräumen ein Problem

Stickoxide sind ein Teil der Feinstaubbelastung, mit der die Lunge jeden Tag konfrontiert wird. Feinstaub könne gerade auch in Innenräumen zur Belastung werden. „In Innenräumen entsteht zudem eine viel höhere Konzentration des Feinstaubs. Besonders die ultrafeinen Partikel können hier zum Gesundheitsproblem werden, denn sie dringen bis in die Lungenbläschen vor, wo sie umso größeren Schaden anrichten können“, sagt Ukena. Da spielten viele Alltagsgegenstände eine Rolle, die viele so gar nicht auf der Rechnung hätten. Drucker und Laptops können ebenso zur Feinstaubbelastung beitragen wie zum Beispiel Staubsauger ohne Feinfilter, offene Kamine oder Backöfen. Zudem tragen wir den Feinstaub über unsere Kleidung und unseren Körper in die Räu-me. „Die Luft verdünnt diese Konzentration im Innenbereich viel schlechter als draußen“, sagt Ukena.

Blei, Arsen, Phenol – So giftig ist Tabakkonsum

Neben der gesamten Feinstaubbelastung stelle im Alltag vor allem weiterhin das Rauchen eines der größten Risiken dar, dass die Lunge krank wird. „Vor allem im Tabakrauch befinde sich eine Vielzahl von Schadstoffen“, sagt Ukena. Zum Beispiel Hydrazin, eigentlich ein Raketentreibstoff; Blei, das sonst für Batterien verwendet wird; Arsen, das auch Bestandteil von Pestiziden ist. Oder Phenol, das für die Herstellung von Klebstoffen verwendet wird. „Es gibt eine unglaublich große Zahl von krebserzeugenden Substanzen im Tabakrauch“, sagt Ukena. Allein das seien gute Gründe, die Lungengesundheit auch jenseits von Corona weiter fest im Blick zu haben und über Risiken aufzuklären.

Prof. Dr. Dieter Ukena
…ist seit 2004 Chefarzt und medizinischer Leiter des Bremer Zentrums für Lungenmedizin. Der in Emden geborene Mediziner ist ein ausgewiesener Spezialist der Lungenheilkunde. Unter anderem ist Ukena Autor und Mitherausgeber von mehr als 200 Publikationen und Buchbeiträgen aus den Themengebieten Pharmakologie, Pneumologie und Onkologie, Vorsitzender der Zertifizierungskommission »Lungenkrebszentren« der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) sowie Verfasser und Koordinator von medizinischen Leitlinien zu Lungenkrankheiten wie Asthma, COPD und Lungenkarzinom. Ukena hat 2018 die Lungenstiftung Bremen mit ins Leben gerufen, die von der AOK Bremen/Bremerhaven unterstützt und gefördert wird.